Aufgrund von Überproduktionen am Weltmilchmarkt fiel der Preis für einen Liter Milch auf 27,3 Cent. Für viele Bauern in Tirol ist dieser Preis existenzbedrohend. Aktion statt Protest - mit einer Verteilungsaktion machte man am 1. Juni - dem Weltmilchtag - auf die Situation aufmerksam.

Am 1. Juni gingen Tirols Bauern selbst auf die Straße, um mit den Konsumenten ins Gespräch zu kommen. Mit einer Verteilaktion machte man auf den derzeit niedrigen Literpreis aufmerksam: nur mehr 27,3 Cent erhalten die Bauern für ihre Milch, obwohl nach hohen Standards produziert wird. Für viele ist dieser Preis existenzbedrohend. Dauert die Milchkrise noch länger an, droht in Tirol ein Bauernsterben.
Bauernbunddirektor Dr. Peter Raggl berichtet: „Im Gespräch mit den Konsumenten wurde sehr deutlich, wie groß die Solidarität mit unseren Bauern ist. Dass derzeit 1 Liter Wasser gleich viel kostet wie ein Liter Milch, macht die Menschen aggressiv. Dass da etwas in unserer Gesellschaft schief läuft, spüren nicht nur die Bauern.“

Preise für Milch-Produzenten unattraktiv
„Wenn wir jetzt nicht an einem Strang ziehen und zusammenhelfen droht uns ein massives Bauernsterben“, so Bezirksbauernobmann Johann Gwiggner und Bezirksbäuerin Margareth Osl. „Wir haben in den vergangenen Jahren bereits sehr viel auf die Beine gestellt,  wir werden auch daran weiterarbeiten und sicher nicht müde, Bewusstseinsbildung in unserem Land zu betreiben. Wir können die regionale Lebensmittelversorgung nur dann sichern, wenn alle mithelfen.“
Gemeint sind damit sowohl Bauern als auch Konsumenten, Handel und Verarbeiter und Tourismus. „Wir haben in Tirol sehr viele innovative Bauern, die z. B. in die Direktvermarktung und Produktion von Gemüse, Obst, Kräutern, etc. viel Arbeit und Zeit investieren und damit Geld verdienen. Die Mehrheit unserer Bauern kann jedoch nicht kurzfristig aus der Milchproduktion aussteigen, um in alternative Produktionssparten umzusteigen. Das wäre für die Almbewirtschaftung, aber auch für die Bewirtschaftung unserer zum Teil steilen Wiesen verheerend. Die Alternative wären Verwilderung und Zuwachsen vieler Flächen vor allem auf Almen in unserem Land. Die Landschaften, wie wir sie heute kennen, würden verschwinden. Im Berggebiet bleibt den Bauern dann nur mehr die Forstwirtschaft“, erklärt Gwiggner die Zusammenhänge.
Aktuell können Tirols Milchbauern nicht kostendeckend produzieren. Die heimische Milch unterliegt weltweit den höchsten Tierschutzauflagen.  „Tierwohlstandards sowie die gentechnikfreie Fütterung und die Bewirtschaftung der steilen Hänge im Berggebiet sind für die heimischen Bauern erheblich teurer - verglichen mit den europäischen Berufskollegen. Gleichzeitig geht vom Milchpreis im Lebensmittelgeschäft immer weniger an den Bauern.“
„Man wird nicht umhin kommen, eine Reduktion der Milchmenge zu erwirken. Denn mit diesem Preis ist kein wirtschaftliches Führen eines Betriebes möglich“, ist sich auch Josef Exenberger aus der Schwoich sicher. Im Jahr 2013 kam am Bauernhof noch ein Drittel des Konsumentenpreises an, im April 2016 ist der Anteil auf nur mehr ein Viertel zurückgefallen.
„Die Lebensmittelketten sollten ihre Marktmacht nicht zum Nachteil der Bauern ausnützen. Es ist inakzeptabel, durch Bezugnahme auf  Weltmarktpreise unfaire Senkungen bei den Erzeugermilchpreisen zu erzwingen“, so Gwiggner.

Bewusstsein steigern
„Es ist und bleibt unsere Aufgabe, den Konsumenten bewusst zu machen, dass sie mit jedem Einkauf ein Voting für oder gegen die heimische Landwirtschaft an der Kassa abgeben,“ ist sich Osl sicher.
„Sicher ist, dass wir nun rasch handeln müssen. Ehe es zu spät ist, Bauern für immer die Hoftür schließen.“

Unterschriftenaktion
Mit einer Unterschriftensammlung, die anschließend an den Bundespräsdidenten übergeben wird, will man das Anliegen der Tiroler Bauernfamilien zu einem für ganz Österreich machen. „Ich hoffe, dass auch andere bäuerliche Organisationen und Verbände in anderen Bundesländern unsere Initiative unterstützen“, sind sich Gwiggner und Osl einig.
Ab sofort kann jeder unter www.tirolerbauern.at online unterschreiben. Hier gibt es auch Unterschriftenlisten zum Ausdrucken sowie weitere Infos zu den Forderungen.