Von der Politik enttäuscht zeigten sich die Hochwasser-Bürgerinitiativen aus Wörgl, Radfeld, Strass, Thaur und Schwaz bei einem Informationsgespräch in Wörgl. Es war von Stillstand, Lügen, Hinhaltetaktiken und Fehlplanungen die Rede.

„Seit 15 Jahren kämpfen wir nun schon für einen Hochwasserschutz bzw. dass die roten Zonen in Wörgl verschwinden“, so Gerhard Unterberger von der Hochwasserinitiative Wörgl. „Wir werden nur angelogen, alles nur Blabla von den Politikern. Die rote Zone ist eine Katastrophe, neue Betriebsansiedlungen sind nicht möglich und die Grundstücke sind nur noch die Hälfte wert“, ergänzt Willi Aufschnaiter mit Vorwürfen in Richtung Politik: „Unabhängige Gutachten werden mit einem einfachen Wisch weggewischt, uns wurde mehrmals von verschiedenen Politikern ins Gesicht gelogen, 4.000 Unterschriften waren nichts wert, egal ob wir sie in Innsbruck oder Wien abgaben. Jetzt sehen wir, wo wir stehen.“

Verzögerung wegen ÖBB
Auch eine Begründung für die Hinhaltetaktik hat man gefunden: Da die ÖBB für die Unterinntal-Bahntrasse riesige Plätze für das Aushubmaterial brauche, würde der Hochwasserschutz so lange verschoben, bis mit  diesem Bau gestartet wird, so die Meinung der Hochwasserinitative Wörgl.

Endlich Damm in Wörgl bauen
Sauer ist die Initiative auch, dass der 2012 von Wörgl eingereichte Damm, der auch bei einem 100-jährigen Hochwasser für Sicherheit gesorgt hätte, nicht genehmigt wurde, da damit die nachfolgenden Gemeinden schlechtergestellt würden. Und genau diesen Damm will man nun nochmals ins Spiel bringen, da es lt. Bürgerinitiative bei den „Regensburger Verträgen“, die eben genau diese Schlechterstellung der nachfolgenden Gemeinden  verhindern sollen, nur um Absichtserklärungen handle und durch den Ausbau des Wasserkraftwerkes in Kirchbichl sich die Situation sowieso verändert habe. „Wenn eine Gefahr besteht, muss diese schnellstmöglich beseitigt werden, dann kann man noch die Einzelheiten überprüfen und nachbessern“, so Unterberger.

Hochwasserschutz für ganz Tirol
Zudem fordert man den Austritt Wörgls aus dem Wasserverband, da Hochwasserschutz eine Angelegenheit von ganz Tirol und nicht nur von sieben Gemeinden sei und die Beitragszahlungen für Wörgl zu hoch angesetzt sind. „Wir haben alle die gleiche Leidensgeschichte, die Landesregierung spielt mit uns. Auf Fragen erhalten wir keine Antworten, ein im März versprochenes Gutachten haben wir nie erhalten“, ärgert sich Unterberger.
Um die benötigten Retentionsflächen zu verkleinern, fordert man Rückhaltebecken - diese könnten auch zur Energiegewinnung verwendet werden.
„Mit meterhohen Wasser wären die Felder auf Jahre nicht zu bewirtschaften, ein Bodenaustausch einer so großen Fläche so gut wie unmöglich“, erklärte Martin Appler aus Thaur, der befürchtet, dass der „Gemüsegarten Tirols“ zum Wasserparkplatz wird.
„Die Poltik ignoriert uns“, so  Gerd Margreiter von der Radfelder Bürgerinitiative, „Die Studien bezweifeln wir, sie wurden nicht sauber gemacht. Es braucht hier mehrere unabhängige, fachliche Kompetenzen, nicht nur eine. Dazu kommt bei uns noch das Grundwasserproblem.“ Aus diesen und noch vielen anderen Gründen bekämpft die Gemeinde Radfeld zur Zeit die verfügte Zwangsmitgliedschaft im Wasserverband.

Stillstand beim Wasserverband
Aus diesem Grund ist der gegründete Wasserverband derzeit auch noch nicht handlungsfähig, da man die Ergebnisse des laufenden Verfahrens (Zwangseingliederung Radfeld) des Landesverwaltungsgerichtes abwarten müsse, so Bgm. Hedi Wechner auf Anfrage des Kufsteinblick. Für eine neue Einreichung des ursprünglichen Dammes wie 2012 sieht sie wenig Chancen, solange oberhalb von Wörgl Retentionsflächen fehlen. Von Seiten Wörgls gäbe es aktuell keine Pläne, wieder aus dem Wasserverband auszusteigen. „Allerdings habe ich immer darauf hingewiesen, dass neue Erkenntnisse in die Pläne eingearbeitet werden müssen. Falls dies geschieht, wird man sicherlich neue Überlegungen bzg. der Kostenaufteilung anstrengen müssen“, so Wechner.

Gutachten noch gar nicht veröffentlicht
Dass er die Bürgerinitiativen nicht ernst nehme oder als Ansprechpartner nicht zur Verfügung stehe weist LA Alois Margreiter entschieden zurück. „Die genannte Studie von Energie West für Rückhaltebecken ist noch gar nicht veröffentlicht worden, kann aber dann natürlich vorgestellt bzw. diskutiert werden“, so Margreiter in einer Stellungnahme an den Kufsteinblick. Nochmal weist er darauf hin, dass die Regensburger Verträge sehr wohl rechtlich bindend sind. Auch der Einfluss der Kraftwerkerweiterung in Kirchbichl wurde untersucht. Margreiter: „An der Notwendigkeit des gemeindeübergreifenden Hochwasserschutzes im unteren Unterinntal ändert sich nichts.“
Den Kostenschlüssel verteidigt er ebenfalls: „Er zielt auf einen fairen Ausgleich zwischen Nutzen und Lasten des Hochwasserschutzes ab.“

Willi Aufschnaiter (li.) und Gerhard Unterberger