Im Sommer 2013 startete in Kufstein eine Krisenwohngruppe für Jugendliche zwischen 12 und 18 Jahren. Vergangenen Freitag, 15. September, feierte „Turntable“ der Tiroler Kinder und Jugend GmbH im Kaiserturm der Festung das 10-jährige Jubiläum. Im Rahmen eines Festaktes wurde die Einrichtung und ihre Tätigkeit vorgestellt.

Ziel der Vorzeigeeinrichtung „Turntable“ war und ist es, betroffenen Kindern und Jugendlichen einen sicheren Ort zur Stabilisierung in akuten Lebenskrisen zur Verfügung zu stellen. Bis zu fünf Jugendliche können zeitgleich für maximal zwölf Wochen in drei Wohnungen untergebracht werden. „Kriseneinrichtungen wie das Turntable sind für junge Menschen da, wenn es familiäre Probleme gibt und sie nicht weiter bei ihren Eltern bzw. Erziehungsberechtigten wohnen können oder wollen. Gemeinsam mit professioneller Unterstützung werden dann im Familien- bzw. Helfersystem neue Perspektiven entwickelt und erste Schritte zu einer Neuorientierung gesetzt“, erklärt Landesrätin Eva Pawlata.
Was als Pilotprojekt startete, entfaltet sich seit nunmehr zehn Jahren zu einer fixen Sozialeinrichtung im Bezirk bzw. im Land Tirol: Im vergangenen Jahr wurden 39 Aufnahmen im Durchschnittsalter von 15 Jahren verzeichnet, davon kehrten 16 Kinder bzw. Jugendliche in das Herkunftssystem zurück, 14 übersiedelten in eine sozialpädagogische Folgeeinrichtung, der Rest kam z. B. bei Freunden oder Verwandten unter. „Kinder und Jugendliche müssen sich darauf verlassen können, dass wir sie auch in schwierigsten familiären Situationen nicht im Stich lassen. Turntable hilft uns dabei, dieses Anliegen umzusetzen und ist aus meiner Sicht eine unverzichtbare Einrichtung, um Kinder und Jugendlichen in Krisen zu helfen,“ betont Bgm. Martin Krumschnabel. Auch Joëlle Erpelding von der Tiroler Kinder und Jugend GmbH betont die Wichtigkeit dieser Einrichtung: „In den letzten Jahren war eine große Zunahme an psychischer und physischer Gewalt bei den Kindern zu beobachten.“
Aufnahme rund um die Uhr
Im Regelfall bietet die Einrichtung vor dem Einzug ein Informationsgespräch an, bei dem sowohl die Kinder und Jugendlichen als auch ihre Bezugssysteme über die Wohngemeinschaft und weitere Abläufe informiert werden. Bei Gefahr in Verzug sind Aufnahmen jederzeit und rund um die Uhr möglich. Hierbei steht die Sicherheit der betreffenden Kinder und Jugendlichen an erster Stelle. Im Verlauf der Betreuung, die einen Zeitraum von bis zu drei Monaten umfasst, kommt es zu regelmäßigen Hilfeplangesprächen, bei denen die Kinder- und Jugendhilfe, die Minderjährigen und (wenn möglich) die Herkunftssysteme teilnehmen. Im Rahmen der Unterbringung geht es primär darum, einen sicheren Ort zu schaffen, eine Stabilisierung in der aktuellen Situation zu ermöglichen, eine enge Vernetzung mit allen relevanten Systempartnern anzustreben sowie eine passende Perspektive für und mit den jungen Menschen zu erarbeiten und dabei flexibel auf Veränderungen zu reagieren. Aktuell arbeitet ein multiprofessionelles Team in einem 24–Stunden-Dienst, 365 Tage im Jahr. Auch die Arbeit mit den Herkunftssystemen bzw. die Elternarbeit ist im Laufe der vergangenen Jahre vermehrt in den Fokus der Arbeit von „Turntable“ gerückt.

Weitere Einrichtung?
Finanziert wird die Einrichtung vom Land Tirol, die Stadt Kufstein übernimmt die jährliche Miete für drei Wohnungen in der Höhe von € 55.000,-. Lt. Bgm. Martin Krumschnabel brauche es in Zukunft noch eine weitere Einrichtung für Kinder, um z. B. Geschwister nicht trennen zu müssen. Dafür habe der Stadtchef bereits eine Unterkunft im Visier, Pawlata zeigt sich hierfür gesprächsbereit. Voraussetzung für Krumschnabel wäre allerdings, dass nicht nur Kufstein, sondern auch die anderen Gemeinden im Bezirk einen kleinen Beitrag leisten würden.


V. l.: Bgm. Martin Krumschnabel, LR Eva Pawlata, Petra Sansone und Joëlle Erpelding (Tiroler Kinder und Jugend GmbH)