Die berufliche Zukunft von Kufsteins Vizebürgermeister Stefan Graf (Grüne) sorgt derzeit für politische Debatten. Der Kommunalpolitiker tritt Ende des Jahres eine Stelle bei einer Tochterfirma des Baukonzerns Bodner, einem Ingenieursbüro in Innsbruck, an und soll in rund einem Jahr deren Geschäftsführung übernehmen. Als Obmann des Bauausschusses und Stellvertreter des Bürgermeisters sehen Oppositionsparteien darin einen klaren Interessenskonflikt. Bgm. Martin Krumschnabel (Parteifreie) ortet eine Überreaktion der Opposition, und führt an, dass ihnen die Rechtslage wohl nicht bekannt sei.

Der Kufsteiner FPÖ-Stadtparteiobmann und Nationalratsabgeordnete Christofer Ranzmaier kritisiert den Wechsel scharf: „Wer künftig auf der Gehaltsliste des mächtigsten Bauunternehmens Westösterreichs steht, hat in der Stadtpolitik nichts mehr verloren – jedenfalls nicht in Bereichen wie Bauen, Planen oder Vergabe.“ Er fordert den sofortigen Rücktritt Grafs als Vizebürgermeister sowie seinen Ausschluss aus allen Gremien mit Bau-, Planungs- oder Vergabekompetenzen. Auch Lukas Blunder (ehemals MFG) spricht von einer „schiefen Optik“ und meint, politische und wirtschaftliche Interessen müssten strikt getrennt bleiben.
Bgm. Martin Krumschnabel weist die Vorwürfe zurück: „Es geht ausschließlich um Fragen der Befangenheit und die stellen sich ja für jeden Mandatar permanent. Für wesentliche Rechtsakte der Gemeinde, wie Verordnungen, gibt es keine Befangenheit. Für Baubescheide würde es eine solche geben, diese werden von Stefan Graf aber auch nicht gemacht, sondern von mir. Es ist wichtig, dass auch Fachleute aus der Privatwirtschaft in der Gemeinde tätig sind, solange sie sich bei relevanten Entscheidungen entsprechend enthalten“, betont Krumschnabel. Die Forderungen nach einem Rücktritt hält er für „überzogen“ und verweist auf ähnliche Situationen bei berufstätigen Gemeinderäten anderer Branchen. „Am meisten regen sich Gemeinderäte wie Blunder oder Ranzmair auf, die selbst privat nichts arbeiten und daher keine Befangenheit haben können. Die Forderungen der Politiker sind weit überzogen und zeigen, dass von der Tiroler Gemeindeordnung keiner eine Ahnung hat.“
Stefan Graf selbst zeigt sich bestrebt, Transparenz zu wahren: „Ich achte penibel auf Unvereinbarkeiten und werde mich bei Entscheidungen, die Bodner-Projekte betreffen, konsequent heraushalten.“ Er habe als Bauausschussobmann 355 Tagesordnungspunkte abgearbeitet, darunter waren lediglich fünf für drei Projekte der Firma Bodner. Er kündigt an, in der kommenden Sitzung des Bauausschusses am 24. November seinen Rücktritt als Obmann bekanntzugeben. „Unter den neuen Rahmenbedingungen wäre eine weitere Ausübung dieser Funktion nicht mehr friktionsfrei möglich“, so Graf. Sein Amt als Vizebürgermeister will er jedoch behalten.
Der Grünen-Politiker sieht die aktuelle Diskussion auch als Mahnung, den politischen Umgang miteinander zu überdenken: „Wenn jede berufliche Weiterentwicklung sofort gegen jemanden verwendet wird, wird sich kaum noch jemand kommunalpolitisch engagieren.“


Vizebgm. Stefan Graf